Day 12 / Er

What gift do you really want this Christmas?

Das ist ja gerade mein Problem- ich brauch eigentlich gar nichts. Auf jeden Fall keine Dinge materieller Art. Und wenn es denn welche wären, dann liegen sie in solche Preisregionen, dass man sie sich gar nicht zu Weihnachten wünschen kann. Also habe ich mir zwei Dinge überlegt, die mir im Momen enorm wichtig sind und meine Liebsten dürfen sich an der Wunscherfüllung beteiligen.

1. mir den Flug nach Spanien ermöglichen
2. Zuschuss an einen neuen Laptop (meiner wird in absehbarer Zeit den Geist aufgeben. Und sei es deshalb, weil ich ihn irgendwann einmal aus dem Fenster schmeissen werde, weil mein Geduldsfaden gerissen ist)
3. die Alain Clark CD- mein einziger konkreter Wunsch. Die CD ist in der Schweiz nirgends erhältlich. Oder zumindest in keinen mir bekannten Läden.

Zudem habe ich meistens an jenen Geschenken am meisten Freude, die irgenetwas Persönliches sind, Dinge, die ich mit der schenkenden Person verbinde unddie mir emotional etwas bedeute. Dinge, die man nicht auf einen Wunschzettel setzten kann.

Viele von euch haben mich gefragt, was ich auf die verwirrende Nachricht geantwortet habe.

Nachdem ich mein Gefühlschaos langsam wieder in den Griff bekommen habe, wusste ich trotzdem noch nicht, was ich antworten sollte. Also beschloss ich, dem Ganzen mit Humor zu begegnen, schoss ein Foto von mir mit Nikolausmütze und schickte es ihm. Es schien ihm zu gefallen, den irgendwann einmal um Mitternacht kam ein Foto von ihm zurück und ich musste lachen.

Wir schrieben dann eine Weile hin und her, ich immer hin und her gerissen zwischen der Freude, von ihm zu hören, der allgemeinen Verwirrung, die immer da ist, wenn ich an ihn denke, und Ärger darüber, dass er soch so lange nicht gemeldet hat und jetzt alles wieder wie gewohnt weitergehen sollte.

Er:

"Wie geht es dir? Ich war in Urlaub in "meinem Land" und half meiner Familie und meinem Vater mit seinem Unternehmen. Vielen Dank noch für deine lieben Geburtstagswünsche- ich bin gerade eben nach Hause gekommen und habe deine Nachricht erst jetzt gesehen. Ich vermisse dich unglaublich! Besos und pass auf dich auf!"

Mist verdammter, er hat es mir ja noch gesagt, dass er drei Monate nach Afrika gehen wird. Und hat er nicht auch gesagt, dass er dort kein Internet und kein Handy haben wird.. Und ich habe ihm insgeheim noch solche Vorwürfe gemacht...

Ich:

"Es tut mir leid- ich hatte ganz vergessen, dass du im Senegal warst. Ich bin gerade seit einigen Tagen krank und hüte das Bett- aber hoffentlich wird es bald besser. Und dir? wie geht es dir so und wie war der Aufenthalt in deiner Heimat? Wie geht es den Kleinen? Und was gibt's Neues in Tudela?
Ehrlich gesagt, vermisse ich dich auch..."

Er: (Jetzt wirds schwierig zum Übersetzen und auf Spanisch klingt sowieso alles viiiel schöner...)

"Oh nein, was hast du denn? Pass gut auf dich auf, damit du schnell wieder gesund wirst meine Prinzessin, ich will nicht, dass es dir schlecht geht. Mir geht es gut, aber ich kann immer noch nicht aufhören, an dich zu denken. Und letzte Nacht habe ich von dir geträumt. I miss you"

Oh er ist ja sooo süss... aber... was WILL ER eigentlich? Was erwartet er von mir? Was soll ich bloss anworten.. Dass ich ihn auch vermisse? Dass ich unglaublich viel über uns nachdenke? Über das was war und was hätte sein können? Ob es eine Chance gibt für uns...

Da vibrierte mein Handy zweimal... Zwei Fotos von ihm und den Kleinen. Ich musste mich zusammen reissen, um nicht zu weinen.

Ich vermisse die Kleinen. Ich vermiss ihn. Ich vermisse es, mit ihm und den kleinen unterwegs zu sein, in den Park zu gehen, mit ihnen zu spielen, ihre kleinen Hände, ihre Umarmungen, sein Blick, wenn er mich beobachtete wie ich mit ihnen spielte. Ich vermisse es, wie sie laut lachte, wenn sie mich kommen sah, auf mich zu rannte und in meine Arme sprang. Ich vermisse das Gefühl, dass wir beinahe wie eine kleine Familie waren. Ich vermisse es, wie er mich anschaute. Ich vermisse alles so sehr.

Und dann summte mein Handy gleich noch einmal. Noch einmal eine MMS, diesmal kein Foto, sondern ein Bild. Eini pulsierendes Herz mit der Unterschrift: "I love you".

Ich bekam keinen einzigen Gedanken mehr auf die Reihe, so dass ich ihm nicht einmal mehr zurückschreiben konnte. Überforderung pur. Ich verstehe mich selbst nicht in dieser ganzen Geschichte. Einmal sagt mein Herz dieses und der Verstand jenes. Und zwei Tage später sieht alles gleich wieder anders aus. Und noch einmal eine Woche später noch einmal ganz anders.

Als ich meiner Besten vorhin am Telefon die ganze Geschichte geschildert habe, meinte sie mitfühlend

"Mensch, und du hast nicht mehr zurückgeschrieben- der arme sitzt doch jetzt auf Nadeln"

Wobei hier zu erwähnen sei, dass meine Beste nie übermässig mit ihm symphatisert hat und gleichzeitig die einzige meiner schweizer Freunde ist, die ihn "kennt". Ja, ich muss ihm wohl zurück schreiben. Und wohl etwas mehr, als mich nur für das Foto zu bedanken.
Ich kam vorhin zu dem Schluss, dass die einzige Art und Weise, auch nur annähernd eine Lösung und Klarheit zu finden darin liegt, im Februar nach Spanien zu gehen und es herauszufinden, was wirklich ist zwischen uns. Ohne die Distanz. Gespräche von Agesicht zu Angesicht. Ehrlichkeit. Die Reaktionen des anderen sehen. Mich mit meinen Gefühlen auseinandersetzten, wenn ich ihm gegenüber stehe. Keine Idealisierung. Und vielleicht sollte ich ihm genau das schreiben.

Doch ich habe Angst. Was, wenn meine Gefühle zu ihm tatsächlich stark sind? Was wenn sie es nicht sind? Was wenn,..........