Seifenblasenträume

"Wieder streiten sie
schreien einander laut an
hören sich nicht zu.

Streit, schreien, weinen,
immer wieder das Gleiche.
Drehen sich im Kreis."


Dieses Haiku habe ich am 17. 11. 2009 geschrieben- ein Jahr ist seither vergangen, 360 Tage. So vieles hat sich verändert- zum Guten habe ich gedacht.


Nun liege ich im Bett. Verfluche unser Haus für seine Ringhörigkeit. Meine Schiebetüre für ihre Lärmdurchlässigkeit. Frage mich, was wohl die Nachbaren eine Etage weiter oben denken, ob sie sich auch abzulenken versuchen, den Kopf unters Kissen stecken und die Musik aufdrehen müssen. Wenn ich mich konzentriere, kann ich Wortfetzten hören, wenn ich versuche, nicht hinzuhören, ist trotzdem noch Geschrei wahrnehmbar. Weder das eine noch das andere will ich. Unter dem Kissen wird es heiss und die Luft dünn. Ohrstöpsel sind kaputt. Schlafen kann ich nicht. Hin und hergerissen zwischen hinhören und weghören.
Bemerke plötzlich, dass mindestens jemand von drei Personen weint. Mein Bruder. Versuche mich an die Situation zu erinnern, in der er zuletzt geweint hat. In der seine Mauer, die noch stärker und undurchlässiger als meine ist, gebröckelt und eingestürzt ist. Habe ein Bild vor Augen, das mir selbst die Tränen wieder in die Augen schiessen lässt. Möchte aufstehen, hingehen und ihn in die Arme nehmen. Das Geschrei wird lauter und ich weiss, dass ich weder ihm noch mir dadurch helfen könnte.
Kopf unters Kissen. So schwach wie möglich atmen. Augen zu. An nichts denken. Ohren zuhalten. Türen werden zugeschlagen. Schnelle Schritte. Wieder Türen. Geschrei. Anschuldigungen. Wilde Verteidigungen, die ignoriert werden. Mehr Geschrei.


"Wieder streiten sie
schreien einander laut an
hören sich nicht zu.

Streit, schreien, weinen,
immer wieder das Gleiche.
Drehen sich im Kreis."


Wir alle drehen uns im Kreis. Dachte, es würde besser werden. Dachte, es sei bereits besser. Hoffnung. Zerplatzt wie Seifenblasen. Eine nach der anderen.





Kommentare

  1. Elternstreit? Wahr oder erfunden? Sehr gut rübergebracht. Kann ich gut nachvollziehen. Schrecklich. Wie froh ich bin, dass ich diese Zeiten durch habe.

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  2. Ich kann dich so gut verstehen!! :'(
    Es tut mir so leid.

    & danke für die Idee mit dem Tanzkurs. Das ist wirklich eine Überlegung wert!

    Liebe Grüße
    A.

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